Tikal

Tikals mächtige Tempel, deren Dachfirste weit über die Kronen der sie umgebenden Urwaldriesen hinausragen, sind eines der bekanntesten Symbole der Mundo Maya.

Der erste Europäer, der die größte aller Mayastädte erblickte, war vermutlich der spanische Franziskanermissionar Andrés de Avendaño im Jahr 1696. Auf seiner Flucht aus Tayasal versuchte er eine Route nach Mérida im Nordwesten Yucatáns zu finden, als er sich im Petén verirrte und auf eine beeindruckende alte Stadt mit hohen Gebäuden stieß, die obwohl weitgehend verlassen, noch immer im Glanz ihrer weiß verputzten Fassaden erstrahlte.

Im Laufe der spanischen Kolonialzeit kam zu diesem ersten Eindruck wenig neues Wissen über Tikal hinzu. Erst 1848 verfasste Modesto Méndez, Gouverneur des Petén, den ersten offiziellen Bericht einer Regierungsdelegation, die Tikal für 6 Tage besucht hatte. Dieser Bericht wurde 1853 in der Zeitschrift der Berliner Akademie der Wissenschaften veröffentlicht. Die ersten Fotographien Tikals stammen von Sir Alfred Percival Maudslay, der gegen Ende des 19. Jahrhunderts auch die erste Karte der Stadt zeichnete und aufgrund seiner Verdienste um die Erforschung der Maya als Nestor der Archäologie Mesoamerikas gelten kann.

Bevor man den Rundgang durch die Ruinen beginnt, kann man sich im neuen Stelen-Museum am Modell einen Eindruck von der einstigen Größe der Stadt verschaffen. Deren erste Gebäude stammen aus dem 3. vorchristlichen Jahrhundert. Die ältesten Fürstengräber befinden sich unter der Nordakropolis. Erst Ende des 3. Jahrhunderts geben Inschriften auf Stelen Auskunft über Tikals Herrscher und deren Kriege. Noch im Kindesalter kam im Jahr 511 mit Ix Yo K’in die einzige Frau unter Tikals Herrschern an die Macht. (Stelen 6, 12 und 23) Mit Stele 23 wird ein neuer Stil eingeführt: Die Hauptfigur ist frontal auf der Vorderseite abgebildet, während Eltern und Kinder auf den Schmalseiten im Profil dargestellt sind. Mit der 869 errichteten Stele 11 endet Tikals Dynastie, auch wenn die Stadt nicht völlig aufgegeben wurde.

Viele Quellen geben heute ein bei weitem überzogene Einwohnerzahl Tikals an. Da jedoch zu keinem Zeitpunkt alle, zu unterschiedlichen Zeiten errichteten und häufig auch überbauten Gebäudekomplexe bewohnt waren, erscheint eine Zahl von 25000 Einwohnern zur Blütezeit Tikals realistisch.

Tikal ist nicht nur einer der kulturellen Höhepunkte der Mundo Maya, sondern auch ein Naturparadies. Zu den Tierarten, die Besucher hier beobachten können, zählen neben den omnipräsenten Coatimundis, einer einheimischen Nasenbärart, die Touristen ohne Scheu anbetteln, Brüll- und Spinnenaffen, wilde Truthähne, Pekaris, Ameisenbären und zahllose Vogelarten, darunter Papageien, Tukane und schwarz-gelbe Webervögel.   Zur Flora des Nationalparks gehören neben Baumriesen, Bromelien und Orchideen auch für die Mayakultur bedeutsame Pflanzenarten: Der als heilig verehrte Ceiba, der Amate-Baum, eine Feigenart, aus dessen Rinde die berühmten Codices gefertigt wurden, die Bayalpalme, deren Fasern zu Möbeln und Körben geflochten wurden, oder auch die zu den Asterngewächsen zählende “Tres Puntas” oder “Mano de Lagarto” Pflanze, die gegen zahlreiche, durch Parasiten ausgelöste Krankheiten, unter anderem auch gegen Malaria, eingesetzt wurde und wird. Als Schutz vor Moskitostichen diente bereits bei den Maya eine lokale Studentenblumenart. Seit 1979 gehört Tikal zum UNESCO Welterbe.