Chiloé

Die Isla Grande des Chiloé-Archipels ist nach dem zur Hälfte argentinischen Feuerland Chiles zweitgrößte Insel. Da sich Chiloés Entwicklung immer unabhängig vom Festland vollzogen hat, wirkt die Insel bis heute relativ unberührt.

Tatsächlich schlugen sich die Chiloten während des Kampfes um die Unabhängigkeit auf die Seite der spanischen Kolonialmacht, wofür sie von der neuen nationalen Regierung mit jahrelanger Isolation bestraft wurden.
Die Erschließung des Archipels für den Tourismus sollte mit der Eröffnung eines Flughafens im Jahr 2012 einen Schub erhalten, hatte doch der damalige Präsident und Milliardär Piñera, der auf Chiloé ausgedehnte Ländereien besitzt, die er zum Naturpark umwandeln ließ, eigene Interessen an einer entsprechenden Entwicklung.

Zu den klassischen Sehenswürdigkeiten Chiloés gehören neben der rauen, zerklüfteten Küstenlandschaft, die im Westteil der Insel auch durch einen Nationalpark geschützt ist, und den malerischen Fischerdörfern mit ihren buntbemalten Stelzenhäusern vor allem Chiloés Holzkirchen. Diese gehen auf die Missionierung der lokalen Bevölkerung durch spanische Jesuiten ab dem 17.Jahrhundert zurück.
Sie verpflichteten ansässige Schiffsbauer, so dass man heute vielfach Kirchenbauten sieht, deren Kirchenschiffe sinnfällig doppelte Bedeutung besitzen.
Als Prunkstücke unter den seit dem Jahr 2000 zum Unesco-Welterbe zählenden Kirchen gelten die Kathedrale von Castro sowie Santa María de Loreto in Achao auf Quinchao.
Quinchao ist eine der am leichtesten zu erreichenden Inseln vor der Ostküste der Isla Grande.
Klassische Fotomotive geben auch die bunten, oft baufällig wirkenden Palafitos ab, wie man sie z.B. in Castro findet. Viele dieser alten Stelzenhäuser stehen leer, doch andere werden zu kleinen Hotels oder Restaurants umgebaut.
Ein beliebtes Ausflugsziel an Chiloés Westküste ist die Brücke der Seelen (Muelle de las Almas). Dort wartet der mythologische Fährmann Tempilcahue auf die Seelen, die ins Paradies wollen.

Ausgangspunkt für einen Besuch des Chiloé Archipels ist Puerto Montt. Die Fähre (auch für PKW) verkehrt von Pargua (ca. 60 km süd-westlich von Puerto Montt) nach Chacao (an der Nordspitze der Isla Grande) den ganzen Tag über (alle 20 Minuten), die Überfahrt dauert 35 Minuten.

Chiloé wird oft auch als Land der Mythen & Legenden bezeichnet. Einige dieser mythischen Figuren sind:

El Trauco ist eine kleine, hässliche Männergestalt ohne Zehen und Fersen, die am Stock geht und mit einer Steinaxt bewaffnet ist, die einen Baum mit nur drei Hieben zu fällen vermag.
Begegnen ihm junge Mädchen, verwandelt sich sein Stock in eine Flöte und er verführt und schwängert die willenlosen Mädchen. (Eine Erklärung ist, dass der Mythos dazu diente, uneheliche Schwangerschaften zu rechtfertigen.)

El Basilisco ist ein Mischwesen aus Schlange und Hahn, die unter dem Boden von Häusern lebt und sich vom Speichel der Bewohner ernährt, bis diese einen trockenen Husten entwickeln und schließlich sterben.

La Pincoya ist eine unvergleichlich schöne Nixe, die um Mitternacht an Chiloés Stränden auftaucht und dort frenetisch tanzt. Tut sie dies mit dem Gesicht zum Meer, verheißt das den Fischern einen reichen Fang, tanzt sie mit dem Rücken zum Meer, wird der Fang spärlich ausfallen.

El Coo bezeichnet einen als Eule erscheinenden Zauberer (brujo), der, wenn er auf der Fensterbank eines Hauses auftaucht, den nahen Tod eines lieben Menschen verheißt.

La Fiura ist eine kleine, hässliche Hexe, die einen ebenso großen sexuellen Appetit hat wie ihr männliches Gegenstück Trauco und ihre Opfer durch Erschöpfung versklavt. Ihr Atem soll bei Menschen einen Hexenschuss auslösen und kann kleinere Tiere töten.

El Camahueto ist ein Kalb oder Seekuh ähnliches Wesen mit einem goldenen Einhorn, das im Marschland geboren wird und sich mit dem Erwachsenwerden ins Meer zurückzieht. Auf seinem Weg zum Wasser zerstört es wertvolles Ackerland und sein Eintauchen ins Meer löst verheerende Flutwellen aus.

El Caleuche schließlich bezeichnet ein Geisterschiff, auf dem die Ertrunkenen des Meeres tanzen und musizieren, die von der Sirena, der Pincoya und deren Bruder Pincoy an Bord gebracht werden, um hier wieder zum Leben erweckt zu werden.