Punta Arenas
Seinen Namen verdankt Punta Arenas alten englischen Seekarten, auf denen die Sandbank an der Brunswick-Halbinsel als “sandy point” eingezeichnet war.
Die südlichste Festlandstadt der Welt an der Magellanstraße wurde Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet, nachdem die knapp 60km südlicher gelegene Siedlung Puerto del Hambre (Port Famine) mit dem Fuerte Bulnes nach einer Miltärrevolte aufgegeben werden musste. Heute erinnern noch einige Gebäude an den Reichtum der Schafbarone, der mit den aus England importierten Herden ans Ende der Welt gekommen war, nachdem die neuen Herren die indigenen Völker Feuerlands systematisch ausgerottet hatten. Zwar spielt die Schafzucht für die gut 120.000 Einwohner zählende Hauptstadt der Région XII Magallanes y Antártida Chilena noch immer eine wichtige Rolle, doch daneben haben sich andere bedeutende Wirtschaftszweige etabliert: Dienstleistungen für den Kohlebergbau, Fischereiindustrie und vor allem der Hafen. Schließlich ist Punta Arenas sowohl der wichtigste Flug- als auch Seehafen für Antarktisexpeditionen.
Vom Cerro de la Cruz hat man den besten Blick über die Stadt, die sich in einem flachen Bogen an der Magellanstraße entlangzieht, über den Hafen und bei gutem Wetter bis Feuerland und die Darwin-Kordillere.
Zu den Sehenswürdigkeiten außerhalb der Stadt zählen das Kap Froward als südlichster Punkt des amerikanischen Festlandes, der Leuchtturm von San Isidro, das Fuerte Bulnes mit seiner restaurierten Befestigungsanlage und vor allem die Pinguinkolonien der Otway Bucht, der Isla Magdalena und auch auf Feuerland.
Die infame Geschichte der Pionierstadt Punta Arenas:
1875 kam José Menéndez, kleiner Buchhalter und Schuldeneintreiber, der aus eine asturischen Kleinbauernfamilie stammte, nach Punta Arenas, um die Schulden des Estancieros Luis Piedrabuena einzutreiben. Schließlich kaufte er das verbliebene Hab und Gut selbst auf.
Punta Arenas galt damals als Sibirien Südamerikas, ein Ort der erzwungenen Verbannung bzw. Strafversetzung, der kaum mehr als 1000 Einwohner hatte. “Mit der Seele eines Missionars und dem Geist eines Eroberers” machte sich Menéndez daran, sein Vermögen zu vermehren. Als 1877 eine Gefängnismeuterei faktisch in der Zerstörung der Stadt und der Ermordung ihrer einflussreichsten Bürger endet, schlägt Menéndez’ Stunde. Mit dem einzigen verbliebenen Konkurrenten, dem aus Kurland eingewanderten Elias Braun beginnt er, importierte Schafherden auf den Büschelgrassteppen weiden zu lassen, die bisher Wildtieren wie Guanakos vorbehalten waren. Die Lebensgrundlage der indigenen Tehuelche (Aonikenk) und Ona (Selk’nam) war mit der Verdrängung der Wildtiere bedroht, so dass sie nun “weiße Guanakos” (Schafe) jagten, bis sie selbst zur Jagdbeute wurden. Die neuen Herren Menéndez und Braun (seit einer interfamiliären Heirat auch geschäftlich zur “Ausbeutungsgesellschaft” Sociedad Explotadora de Tierra del Fuego verschmolzen) setzten Kopfprämien auf die Einheimischen aus. (1 Pfund Sterling brachte der Kopf eines Ermordeten). Lediglich die Salesianermission unter Pater José Fagnano versuchte, durch eine Ablieferprämie von ebenfalls einem Pfund, die Ureinwohner vor dem Völkermord zu retten. Letztlich blieb dieser verzweifelte Versuch aber erfolglos, und bereits Anfang des 20.Jahrhunderts galt “Tierra del Fuego” als “indianerfrei”. Mit dem durch eine Braun-Heirat an die Großfamilie gebundenen portugiesischen Unternehmer José Nogueira herrschten von nun an drei Familien über ein Gebiet von 10000 Quadratkilometern, zwei Millionen Schafe, Schlachthöfe, Reedereien, Banken und gerierten sich gegenüber der gefügigen Einwohnerschaft als Mäzene.
Ideologisch stützte sich die Ausrottungspolitik der Schafbarone gegenüber der indigenen Bevölkerung auf Charles Darwin, der als geistiger Brandstifter die Ureinwohner Feuerlands als “miserabelste Rasse der Welt” bezeichnet hatte.