Index
01. Geschichte als Geographie
Durch seine Lage am Isthmus zwischen den beiden amerikanischen Kontinenten geriet das Land in entscheidenden Phasen der europäisch-amerikanischen Geschichte ins Zentrum des Geschehens.
Die spanische “Eroberung” Südamerikas hatte hier ihren Ausgangspunkt. Mit Vasco Nuñez de Balboa erreichte am 29. September 1513 erstmals ein Europäer den Pazifik (nicht ohne ihn an Ort und Stelle für die spanische Krone in Besitz zu nehmen). Über die Landenge von Panama – entlang des “Camino Real” zwischen Panama Stadt am Pazifik und Portobelo am Atlantik – schleppte Spanien einen Großteil der in Südamerika geplünderten Reichtümer zur Verschiffung nach Europa.
Die einheimischen Bewohner, die die Massaker, Krankheiten und Versklavung überlebt hatten, flohen in die Wälder oder auf die San Blas Inseln vor Panamas Karibikküste.
Im 17. Jahrhundert fiel Panama an die Freibeuter und Piraten des erstarkenden britischen Empires. Es durchlebte in der Folge Jahrhunderte des Niedergangs und wurde, wie die übrigen mittelamerikanischen Kolonien, die weit von den Machtzentren entfernt lagen, von der spanischen Kolonialmacht vernachlässigt.
Erst während des kalifornischen Goldrauschs Mitte des 19.Jahrhunderts wurde die geostrategische Bedeutung des Landes wiederentdeckt, dieses Mal von den USA.
Sie ließen eine Eisenbahnlinie über den Isthmus bauen und übernahmen auch das fehlgeschlagene französische Projekt eines Kanals zwischen beiden Küsten. In dem Maße, in dem sich zunächst us-amerikanische Wirtschaftsinteressen Panamas bemächtigten, verstärkten die USA auch ihren direkten politischen Einfluss. Sie unterstützten Sezessionsbestrebungen der nördlichsten kolumbianischen Provinz auch militärisch und wurden so zum Geburtshelfer eines unabhängigen Panama, dessen Unabhängigkeit sie sogleich unterminierten. Ein dirigistischer Vertrag, der den USA zeitlich unbegrenzte Hoheitsrechte über den wichtigsten Handelsweg Lateinamerikas zugestand, machte Panama faktisch zum Protektorat der USA.
Mit der Rückgabe des Kanals an Panama zum Jahresende 1999 erlangte das Land erstmals seine territoriale Integrität und die Souveränität über den wertvollsten Teil dieses Territoriums.
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02. Indigene Kulturen
Die vermutlich aus Kolumbien eingewanderten Kuna stellten die weitaus größte Gruppe. Daneben zählten die Guaymí und die Chocó zu den wichtigsten indigenen Kulturen. Von den Guaymí nimmt man an, dass ihre Sprache dem Nahuatl der Maya und Azteken verwandt ist, während Sprache und materielle Kultur der Chocó mit denen des kolumbianischen Andenvolks der Chibcha verwandt sind.
Alle drei Gruppen waren auf dörflicher Ebene organisiert. Die Felder, auf denen sie Mais, Kakao, Baumwolle, verschiedene Knollenfrüchte, Gemüse und Früchte pflanzten, gehörten der Dorfgemeinschaft. Sie lebten in kreisrunden, palmengedeckten Hütten und schliefen in Hängematten. Einzelne Dörfer spezialisierten sich in bestimmten Handwerken wie Gold- und Silberschmieden, Steinmetzarbeiten oder der Töpferei.
Händler transportierten die Waren in Kanus entlang der Flussläufe und Küsten. Schon in präkolumbianischer Zeit gab es Handelsbeziehungen, die von Panama bis nach Peru oder nach Mexiko reichten. Insbesondere die Brustpanzer aus gehämmertem Gold, die manche Einheimische trugen, gaben dem spanischen Mythos von El Dorado, dem sagenhaften Goldland, Nahrung.
Die Kuna haben ihre traditionelle Lebensweise bis heute beibehalten. Ihre Gesellschaft ist matrilinear organisiert, d.h. der materielle Besitz wird in mütterlicher Linie weitervererbt.Männer wohnen und arbeiten im Haushalt der Braut bzw. der Schwiegermutter. Töchter gelten als “wertvoll”, da sie durch Heirat männliche Arbeitskräfte in die Familie bringen. Bis in die jüngere Vergangenheit wurden Weltsicht und Geschichte der Kuna nur mündlich in Gesängen, oder mimisch in Tänzen überliefert. Auch in den berühmten Molas, in Quilt-Technik hergestellte Brust und Rückenstücke der Frauenblusen, werden historische und mythologische Ereignisse bildlich dargestellt.
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03. Beginn der spanischen Besiedlung
Vasco Núñez de Balboa, einst Mitglied der Schiffsbesatzung Bastidas, floh 1510 vor seinen Gläubigern aus Hispañola nach Panama.
Von den annähernd tausend spanischen Siedlern, die einst in die neue Kolonie gekommen waren, hatten nach wenigten Jahren nur einige Dutzend die Tropenkrankheiten wie Malaria und Gelbfieber überlebt. In dieser Situation setzten die Bewohner von Antigua del Darién, der ersten offiziellen spanischen Stadtgründung, den Abgesandten der spanischen Krone ab und wählten Balboa zu ihrem Bürgermeister.
Unter Balboas Verwaltung begannen die Siedler, Feldfrüchte anzubauen, um weniger abhängig von den spanischen Versorgungsschiffen zu sein. Antigua wurde zu einer wohlhabenden Gemeinde.
Mit seiner einträglichen Expedition an Panamas Pazifikküste hatte sich Balboa Feinde unter seinen Landsleuten gemacht.
Pedrarias ließ seinen Konkurrenten 1517 unter falschen Anschuldigungen vor Gericht stellen und zum Tode verurteilen. Als neuer Vertreter der Kolonialomacht ließ Pedrarias 1519 die Hauptstadt vom lähmenden Tropenklima des Darién und dessen feindseligen Einheimischen an die Pazifikküste, nur wenige Kilometer vom heutigen Panama City entfernt, verlegen. Mit der Unterwerfung des peruanischen Inkareichs gewann der Transportweg zwischen Pazifik und Atlantik an Bedeutung. Auf Eselsrücken wurde Perus Gold auf einem schmalen Dschungelpfad, dem wenig königlichen Camino Real durch den unwegsamen, feuchtheißen Urwald zu den spanischen Galeonen geschafft.
Schon in den ersten Jahrzehnten des 16. Jahrhunderts hatte man in an Spaniens Hof Überlegungen angestellt, einen Kanal zwischen den beiden Ozeanen zu graben. Unter Philipp II wurden diese Pläne jedoch wieder aufgegeben.
Pedrarias’ Amtszeit geriet zu einem Desaster. Die Spanier litten unter Hunger und Tropenkrankheiten, während die Einheimischen Massakern zum Opfer fielen oder an europäischen Infektionskrankheiten starben. Viele der überlebenden Indígenas flohen in entlegene Gebiete fernab der spanischen Präsenz.
Nur wenige Kirchenvertreter machten sich wie der berühmte Bischof Bartolomé de las Casas zum Anwalt der Indígenas. Allerdings unterbreitete dieser der spanischen Krone den fatalen Vorschlag, an ihrer Stelle Afrikaner zu versklaven. Auch wenn de las Casas dies später offen bereute, wurde er damit zum geistigen Wegbereiter des Sklavenhandels, und Panama zu einer wichtigen Drehscheibe des menschenverachtenden Geschäfts.
Mitte des 16.Jahrhunderts hatten Massaker, Krankheiten und unwürdige Lebens- und Arbeitsbedingungen die einheimischen Arbeitskräfte dezimiert. Die Kolonie wurde so auch zur Endstation zahlreicher Sklaventransporte. Eine beachtliche Zahl der verschleppten Afrikaner konnten fliehen und im Dschungel überleben. Sie waren als Cimarrones gefürchtet, da sie regelmäßig die spanischen Transporte entlang des Camino Real überfielen. Nach einer Volkszählung von 1610 stellten die afrikanischen Sklaven die weitaus größte Bevölkerungsgruppe der Hauptstadt.
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04. Die spanische Kolonie – die goldenen Jahre
Nach wenigen Jahren wurden die Verwaltungseinheiten jedoch auf beherrschbare Größen reduziert. Ab 1563 war die Reichweite der panamaischen Audiencia auf die Größe des heutigen Staates geschrumpft. Ab 1567 gehörte Panama dann zum Vizekönigreich Peru, behielt jedoch seine Audiencia als Institution der Selbstverwaltung.
Die Verbindung zur Kolonialmacht wurde durch einen Flottenverband aufrecht erhalten, der die einzigen autorisierten Handelshäfen der spanischen Krone, Veracruz in Mexiko, Cartagena in Kolumbien und Nombre de Dios in Panama einmal pro Jahr ansteuerte.
Die beiden Schiffsverbände des Nordens (Mexiko) und des Südens (Panama und Kolumbien) vereinigten sich jeweils in Havanna, um gemeinsam nach Cádiz zurückzusegeln. Dieses System wurde bis ins 18.Jahrhundert aufrechterhalten, auch wenn mit dem Niedergang Spaniens als Weltmacht die Besuche weniger wurden. Panamas Wohlstand hing weniger an der eigenen Produktion, als vielmehr am Handelsvolumen, das Panama durchlief. Als das Inkagold erschöpft war, ersetzte peruanisches Minensilber die kostbare Fracht, nach und nach ergänzt um Zucker, Baumwolle, Indigo, Chinarinde, Wein, Vanille und Kakao.
Den Kolonien der Neuen Welt war – abgesehen vom Sklavenhandel – der direkte Außenhandel untersagt. Das spanische Handelsmonopol wurde zuerst von den Briten, namentlich dem berühmten Freibeuter Francis Drake, in Frage gestellt. Er war zwischen 1572 und 1597 für die Mehrzahl der Überfälle auf Panama verantwortlich. 1597 gaben die Spanier schließlich das ungeschützte Nombre de Dios zugunsten des Naturhafens von Portobelo auf. Panamas Wohlstand hatte ungeachtet der Piratenüberfälle Mitte des 17. Jahrhunderts seinen Höhepunkt erreicht. Portobelo war Schauplatz legendärer Ferias, riesiger Tauschmärkte, auf denen europäische Waren für den Handel der gesamten amerikanischen Pazifikküste angeboten wurden. Panama Stadt galt nach Mexiko und Lima als schönste Stadt “Westindiens”.
Ab Mitte des 17. Jahrhunderts griffen England, Frankreich und Holland verstärkt die spanischen Kolonien in der Karibik an. Sie errichteten eigene Festungen, die dem Piraten- und Freibeutertum Auftrieb verliehen. Die meisten der Freibeuter konnten mit der stillschweigenden oder offenen Unterstützung ihrer jeweiligen Regierung rechnen und sich nach Angriffen auf spanische Schiffe und Siedlungen wieder in diese Festungen zurückziehen. Der berühmte Pirat Henry Morgan, der 1668 bereits Portobelo eingenommen und Lösegeld erpresst hatte, überfiel Ende Januar 1671 mit 1400 Mann Panama. Sie besiegten die spanische Garnison in offener Schlacht vor den Toren der Stadt, die sie anschließend plünderten. Die Offiziellen und reichen Einwohner Panamas flohen auf Schiffen, die mit dem Großteil des Kirchen- und Regierungsvermögens beladen waren. Ob das Feuer, dem Panama dann zum Opfer fiel, von den Piraten gelegt, oder durch ein explodierendes Munitionsdepot verursacht worden war, ist bis heute umstritten.
Zwei Jahre später wurde Panama an seinem heutigen Ort neu gegründet und stark befestigt.
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05. Die spanische Kolonie – der Niedergang
Für Panama kamen diese Maßnahmen allerdings zu spät. Spaniens verzweifelte Versuche, sein Handelsmonopol mit überhöhten Preisen zu halten, waren längst von England, Frankreich und den Niederlanden unterlaufen worden. Der Handel mit Schmuggelware drohte den offiziellen Warenaustausch zu überflügeln. Zwischen 1715 und 1736 hatten die spanischen Handelsschiffe nur noch fünfmal in Portobelo angelegt.
Ein hoch organisierter, von Jamaika ausgehender Schmuggelhandel verdrängte den legalen Handel fast vollständig. Das Land am Isthmus hatte seine Bedeutung für Spanien Mitte des 18. Jahrhunderts
weitgehend verloren. Spanien unterdrückte alle Autonomiebestrebungen, indem es die Kolonie dem Vizekönigtum Neu-Granada zuschlug. Dazu gehörten neben dem heutigen Panama auch die späteren Staaten Kolumbien, Venezuela und Ecuador. Als es 1739 zum Krieg zwischen England und Spanien kam, und Portobelo von britischen Truppen zerstört wurde, war Panama vom Handel mit Spanien abgeschnitten. Nach 1740 war im Zuge der liberalen Politik der spanischen Bourbonen auch der direkte Handel zwischen den Pazifikhäfen und Spanien über den Seeweg um Kap Hoorn gestattet. Damit waren die Zeiten der Ferias in Portobelo endgültig vorbei.
Panama war seiner ökonomischen Basis beraubt, ohne eine Alternative zum Transithandel aufgebaut zu haben. Das Land am Isthmus wurde zu einer entlegenen Provinz des spanischen Vizekönigtums, die ökonomisch und geographisch isoliert war und sich nur mühsam selbst versorgen konnte.
In der panamaischen Gesellschaft regierte dasselbe rigide Kasten- und Klassensystem wie in den übrigen spanischen Kolonien.
Spitzenpositionen waren den in Spanien geborenen Peninsulares vorbehalten, in der Kolonie geborene “Spanier”, die Criollos, mussten sich mit nachrangigen Posten in Regierung, Verwaltung und Handel zufrieden geben. Für die Mestizos, meist Nachkommen spanischer Väter und indianischer Mütter, blieben Landwirtschaft, der Handel in kleinem Maßstab und einige Dienstleistungen. Indígenas und Sklaven standen außerhalb der Gesellschaft. Eine Sonderstellung hatte der Klerus inne. Die Autorität des Bischofs wurde ihm vom spanischen König verliehen, er hatte in der Praxis die Rolle eines Vizegouverneurs. Die Beziehungen zwischen Regierung und Kirche waren enger als im spanischen Mutterland. Kirche und katholische Ordensgemeinschaften verfügten über beträchtlichen Besitz, den sie über Landzuteilungen und Zehntenzahlungen erworben hatten.
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06. Unabhängigkeit von Spanien
Die Schlacht von Boyacá am 7. August 1819 endete mit einem Sieg der Revolutionsarmee unter Simón Bolívar und brachte die Befreiung Nueva Granadas von der spanischen Kolonialherrschaft. Der spanische Vizekönig setzte sich daraufhin aus der Hauptstadt Bogotá nach Panama ab, wo er sein Regiment bis zu seinem Tod 1821 fortsetzte. Im Oktober 1821 verließen die spanischen Truppen Panama, um die Verteidigung der einträglichen Kolonie des Vizekönigreichs Peru zu verstärken.
Von den Erfolgen des lateinamerikanischen Befreiungskampfes erfuhren die Panamaer aus der nun erscheinenden freien Presse. Die Kleinstadt Los Santos kam mit ihrer Erklärung der offiziellen Deklaration vom 28. November 1821 in Panama Stadt um einige Wochen zuvor. Nun setzten Diskussionen ein, ob ein Zusammengehen mit Kolumbien einer Allianz mit dem traditionellen Handelspartner, der Noch-Kolonie Peru, vorzuziehen sei. Panama wurde schließlich ein aus zwei Provinzen bestehendes Department Kolumbiens. Als solches stellte es eine 700 Mann starke Truppe ab, die Bolívars Befreiungskampf in Peru unterstützen sollte.
Von den Maximen der Französischen Revolution, die auch die Unabhängigkeitsbewegungen in Lateinamerika beeinflussten, dominierte in Panama die Forderung nach Freiheit, als Freiheit des Handels.
So verstand sich Panama in der Union mit Kolumbien als Hansestaat, d.h. als autonomes, mit Handelsprivilegien ausgestattetes Gebiet.
1826 wählte Bolívar Panama als Austragungsort eines Kongresses mit dem Ziel der Bildung einer Föderation der Vereinigten Staaten von Lateinamerika.
Der Vertrag wurde lediglich von Kolumbien ratifiziert und trat nie in Kraft. Ein desillusionierter Bolívar, der danach noch mehrere vergeblich Versuche unternommen hatte, ein lateinamerikanisches Verteidigungsbündnis als Gegengewicht zu den erstarkenden Vereinigten Staaten zu formen, stellte kurz vor seinem Tod geradezu visionär fest: “Die USA scheinen von der Vorsehung dazu bestimmt zu sein, im Namen der Freiheit Elend über Amerika zu bringen.”
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07. Der kalifornische Goldrausch und die Eisenbahn
Doch erst als Mexiko Kalifornien nach der Niederlage im “Mexikanischen Krieg” (1846-48) an die Vereinigten Staaten abtreten musste, stieg das Passagieraufkommen. Viele Reisende zogen das Überqueren der Landenge dem beschwerlichen und gefährlichen Landweg über den nordamerikanischen Kontinent vor. Einen Boom erlebte die Route im Zuge des kalifornischen Goldrauschs 1849. Eine Gruppe New Yorker Finanziers hatte sich von der kolumbianischen Regierung die Exklusivrechte zum Bau einer Eisenbahnlinie über den Isthmus zusichern lassen. Als Gegenleistung erkannte die US-Regierung die kolumbianischen Hoheitsrechte über Panama an.
Die Bahnstrecke folgte im wesentlichen dem heutigen Kanalbett. Der erste Zug verband das nach einem der Geldgeber benannte Aspinwall (das spätere Colón) mit Panama Stadt am 28.Januar 1855. Zwischen 1848 und 1869 überquerten 375.000 Passagiere die Landenge vom Atlantik zum Pazifik, während 225.000 die umgekehrte Richtung einschlugen.
Die immensen Profite aus dem Transport- und Beherbungsgeschäft kamen jedoch nicht Panama zugute, sondern wanderte in die Taschen us-amerikanischer Geschäftsleute und Aktionäre. Mit der Fertigstellung der Bahnlinie waren die meisten derer, die zuvor an ihrem Bau gearbeitet hatten, arbeitslos geworden. Alle bessere Posten im Betrieb der Strecke waren mit US-Amerikanern besetzt worden. Zudem verringerte sich die Aufenthaltsdauer der Durchreisenden so weit, dass kaum jemand länger als einen Tag in Panama blieb.
Die Aversionen weiter Teile der panamaischen Bevölkerung gegen die “Yankees” waren ebenso groß wie ihre Frustration über die unerfüllte Hoffnung einer Besserung der wirtschaftlichen Situation. Beide Faktoren brachen sich in einem als “Wassermelonenkrieg” bekannt gewordenen Gewaltexzess vom 15.April 1856 bahn. Auslöser war ein us-amerikanischer Goldsucher, der sich angetrunken weigerte, ein Stück Wassermelone zu bezahlen, die er einem schwarzen Straßenverkäufer weggenommen hatte. Dieser bedrohte ihn daraufhin mit einem Messer und die Situation eskalierte, als Jack Oliver, so der Name des Betrunkenen, auf den Schwarzen anlegte. In dem Handgemenge mit einem anderen Schwarzen, der Oliver in den Arm fiel, löste sich ein Schuss, der einen der Beobachter verletzte. Daraufhin brach ein Mob los, der in Hotels und das Bahnhofsgebäude Panamas eindrang, in denen sich die ebenfalls bewaffneten Reisenden verschanzt hatten. Nach stundenlangem Wüten blieb die Bilanz von 16 Toten, 14 von ihnen US-Amerikaner, sowie zahlreiche geplünderte und verwüstete Gebäude.
Ein Beauftragter der US-Regierung, der die Vorfälle anschließend untersuchte, kam zu einem Fazit, das später zur Leitlinie us-amerikanischer Politik in Panama werden sollte: “Die Regierung Neu Granadas ist nicht in der Lage, für Ordnung zu sorgen und den Transitverkehr in adäquater Weise zu schützen … Ich empfehle daher die sofortige Besetzung des Isthmus, von Ozean zu Ozean, durch die USA, solange, bis Neu Granada für angemessenen Schutz sorgt und eine weitreichende und schnelle Wiedergutmachung leistet.”
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08. Der französische Kanal
Das Projekt
Das Projekt eines interozeanischen Kanals in Mittelamerika beschäftigte Geostrategen und private Investoren während des gesamten 19. Jahrhunderts.
Bald konzentrierten sich alle Überlegungen aber nur noch auf zwei Alternativen. Noch bis 1902 hatte der Bau eines “Zwischenstücks” von Nicaraguas Pazifikküste nahe San Juan del Sur zum Nicaraguasee und dann dem Flusslauf des Río San Juan zum Atlantik folgend, gute Chancen. Am Vorabend der entscheidenden Abstimmung im US-Senat schickte die Panama-Lobby jedem Senator ein Schreiben mit einer nicaraguanischen Briefmarke, die den Ausbruch des Momotombo zeigte.
Obwohl der Vulkan 150 km von der Kanalroute entfernt lag, genügte die Bedrohung, um den Senat mehrheitlich vom Kanalprojekt in Panama zu überzeugen. Kurz zuvor hatte ein Vulkanausbruch auf St. Martinique 30.000 Menschenleben gekostet.
Diese anti-nicaraguanische PR-Kampagne hatte den Sieg für den Bau eines künstlichen Wasserweges in Panama gebracht. Dieser hatte zwar im Vergleich zu Nicaragua eine kürzere Distanz zu überbrücken, war aber mit weitaus komplizierteren geologischen und topographischen Bedingungen konfrontiert. 1846 hatten die USA und Kolumbien den sogenannten Bidlack-Mallarino Vertrag geschlossen. Er gab den USA und deren Bürgern freies Transitrecht für Personen und Waren über jede Straße oder jeden Kanal, der am Isthmus gebaut werden würde. Im Gegenzug garantierten die USA die Neutralität des Isthmus und Kolumbiens Souveränität über das Gebiet.
Die USA und Großbritannien einigten sich im Clayton-Bulwer Vertrag 1850 darauf, dass keine Seite Rechte erwerben oder mit dem Bau eines Kanals oder einer Eisenbahn beginnen würde, ohne die andere politisch und ökonomisch einzubeziehen.
Da zu diesem Zeitpunkt keiner der beiden Vertragspartner politisch willens oder ökonomisch im Stande war, ein solches Projekt zu realisieren, wirkte dieser Vertrag auf internationaler Ebene neutralisierend.
Der unvollendete französische Kanal
Kolumbiens Versuche, Interesse am Bau eines Kanals in Panama zu wecken, riefen schließlich die Franzosen auf den Plan. Nach langwierigen Verhandlungen wurde 1879 eine Firma gegründet, die einen Kanal auf Höhe des Meeresspiegels entlang der bestehenden Bahnlinie bauen wollte.
Die Konzession erforderte die Fertigstellung binnen 12 Jahen, mit der Möglichkeit einer Verlängerung um weitere sechs Jahre, die allerdings dem Gutdünken Kolumbiens überlassen blieb. Der auf 90 Jahre befristete Pachtvertrag war übertragbar, jedoch nicht auf eine ausländische Regierung. Zuvor hatte sich die Firma die Aktienmehrheit der “Panama Railroad Company” gesichert, die jedoch weiterhin von US-Amerikanern gemanagt wurde.
Wortführer und Galionsfigur des französischen Kanalprojekts war Ferdinand de Lesseps, “Erbauer” und “Held” des Suezkanals, dem bei seiner Ankunft in Panama, am Neujahrstag des Jahres 1880, ein ebenso triumphaler wie pompöser Empfang bereitet wurde. Mit ernsthaften Erdarbeiten wurde erst ein Jahr später begonnen. Bald urteilten die Ingenieure, dass ein Kanal auf Meeresspiegelniveau nicht zu verwirklichen war. Es dauerte sechs Jahre bis Lesseps, der ein begnadeter PR-Mann, aber kein Ingenieur war, sich davon überzeugen ließ. Als acht Jahre nach Baubeginn erstmals Arbeiten an einer Schleuse begonnen wurden, war die Gesellschaft bereits in heftigen finanziellen Schwierigkeiten. Nicht weniger als 10.000 Menschen arbeiteten an dem Projekt.
De Lesseps hatte nicht nur mit Gegnern zu kämpfen, die versuchten, über gezielt gestreute Gerüchte von Fehlschlägen die Aktienkurse der Gesellschaft abstürzen zu lassen, auch ihre Zustimmung zu Aktienemissionen ließen sich französische Politiker und Bürokraten teuer bezahlen.
Nur Garantien der französischen Regierung konnten ihn und das Unternehmen retten. Solche Garantien verhinderten die USA auf der Grundlage, dass sie einer Regierungskontrolle über das Projekt gleichkämen. Der Einfluss einer europäischen Regierung verletze die Monroe-Doktrin, nach der “Amerika den Amerikanern” gehöre.
Ergebnis war, dass im Januar 1889 ein Konkursverwalter benannt wurde, dessen Aufgabe die Liquidation der Gesellschaft war, und alle Arbeiten eingestellt wurden. Die Konkursmasse ergab, dass immerhin zwei Fünftel des Vorhabens umgesetzt und viele Verwaltungsgebäude und Krankenhäuser fertiggestellt waren. Zudem hatte die französische Pleite ein riesiges Arbeitslosenheer hinterlassen, meist schwarze Arbeiter, die von den Antillen angeworben worden waren, die nun für ein Nachfolgeunternehmen “preiswert” zur Verfügung standen. Mehr als die Hälfte von ihnen arbeitete später am us-amerikanischen Kanalbau weiter.
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09. Panama “Made in USA”
Wie in den anderen Nachfolgestaaten der spanischen Kolonialmacht auch, kam es zu häufig blutigen Auseinandersetzungen zwischen den politischen Parteien der Liberalen und der Konservativen. Waren die Liberalen am Ruder, wuchs die Eigenständigkeit des panamaischen Departements, obsiegten die Konservativen, wurden die Lockerungen wieder zurückgenommen und alle Autonomiebestrebungen unterdrückt. 40 verschiedenen Verwaltungen standen 50 Aufstände und Rebellionen sowie 13 Interventionen der USA gegenüber, legitimiert durch das Bidlack-Mallarino Abkommen, in dem die USA die Sicherheit des Verkehrsweges am Isthmus garantierten.
Die Jahrhundertwende stand unter dem Zeichen einer Revolte radikaler Liberaler gegen die kolumbianische Regierung, die auf panamaischem Territorium ausgetragen wurde. Der “Krieg der tausend Tage” (1899-1902) wurde mit Hilfe us-amerikanischer Truppen, die auf Bitte Kolumbiens eingriffen, beendet. Die USA verfolgten nach wie vor das Projekt eines Kanals, die politischen Vorzeichen sprachen zu dem Zeitpunkt jedoch für Nicaragua…
Im Privathaus des New Yorker Bankiers J.P. Morgan gründete sich ein geheimes Syndikat, dem u.a. der Abgesandte der französischen Kanalgesellschaft, Phillipe Bunau Varilla, angehörte. Das Syndikat kaufte die wertlosen Papiere der 1894 gegründeten französischen Nachfolgegesellschaft auf und “überzeugte” den US-Senat, den geplanten Kanal in Panama zu bauen. Um die Kanal-Aktien bestmöglich an die US-Regierung verkaufen zu können, musste das Wall-Street-Syndikat den politischen Boden in Panama bereiten. Da sich die kolumbianische Regierung weigerte, die französische Konzession an eine fremde Regierung zu verkaufen, musste ein unabhängiges Panama mit einer Marionetten-Regierung geschaffen werden.
Im Juli 1903 gründete sich eine “revolutionäre Junta”, die von einem Anwalt der Panama Railroad Company angeführt wurde. Unter dem Schutz der US-Marine inszenierten die Junta-Mitglieder, allesamt Angehörige prominenter und einflussreicher panamaischer Familien, im Oktober einen erfolgreichen Aufstand gegen die kolumbianische Regierung. Bereits am 6.November anerkannte US-Präsident Roosevelt die Junta als legale Regierung Panamas. Als deren Repräsentant unterzeichnete der Franzose Bunau-Varilla den Vertrag über den us-amerikanischen Kanal am Isthmus. Bunau-Varilla hatte zu diesem Zeitpunkt seit 17 Jahren nicht mehr in Panama gelebt und kehrte danach auch nie wieder in das Land zurück. In seinem Zimmer im New Yorker Waldorf Astoria verfasste er die panamaische Unabhängigkeitserklärung, die Verfassung und sogar die Landesflagge.Trotz wenig vorteilhafter Bedingungen für die panamaische Seite wurde der Vertrag von Panama ratifiziert. Er räumte den USA weitgehende Rechte ein. Sie erhielten de facto Souveränität über einen 16km breiten Streifen beiderseits des Kanals – die sogenannte Kanalzone. Panama war damit zum Protektorat der USA geworden, die für ihre Zusage, Panamas Unabhängigkeit zu garantieren, das Recht erhielten, sich jederzeit in die inneren Angelegenheiten Panamas einzumischen. Für dieses Recht bezahlten sie einmalig 10 Millionen US-Dollar und eine jährliche “Pacht” von 250.000 US-Dollar in Gold. Für die Anteile der ehemals französischen Gesellschaft wurden an J.P. Morgan und Co 40 Millionen US-Dollar bezahlt. Auch der “Held” der panamaischen Unabhängigkeit und praktischer Führer der Junta, Manuel Amador Guerrero, ging nicht leer aus. Die 100.000 US-Dollar, die er per Scheck erhielt, entsprächen heute einer Summe von 10 Millionen US-Dollar.
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10. Der Kanal der USA
Mit der technischen Leitung des Mammutprojekts wurde der Ingenieur und Oberst George Washington Goethals betraut, während der Militärarzt Oberst William Crawford Gorgas den Kriegszug gegen die Moskitos anführte. Er ließ Entwässerungsgräben bauen, um stehende Gewässer trocken zu legen. Verbleibende Pfützen und Tümpel wurden mit Petroleum begossen, um den Lebensraum der Moskitos zu zerstören. Gebäude wurden mit Fliegengittern versehen und die Kanalzone erhielt ein modernes Wasser- und Abwassersystem. Als Goethals Gorgas vorrechnete, dass jeder Moskito, der im Rahmen der umfangreichen Maßnahmen getötet würde, die US-Regierung 10 Dollar kostete, soll Gorgas entgegnet haben: “Und was ist, wenn einer dieser 10-Dollar-Moskitos Sie sticht?” Die attraktiveren Arbeits- und Lebensbedingungen erleichterten die Rekrutierung der benötigten Arbeitskräfte.
1913 standen 65.000 Menschen auf den Lohnlisten des Unternehmens.Die größten Herausforderungen des Kanalbaus waren das Durchschneiden des Culebra-Gebirgszuges, der Bau eines Staudamms am Rio Chagres und schließlich der Bau der drei Doppelschleusen von Gatún, Pedro Miguel und Miraflores. Sie mussten die Schiffe auf das Niveau des Gatún-Sees heben, der sich durch das Aufstauen des Chagres gebildet hatte, und dabei 26 Höhenmeter überwinden.
Am 15.August 1914 durchfuhr die Ancon als erstes Schiff den Kanal.
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11. Das geteilte Land
Der Slogan, unter dem das gigantische Bauprojekt zusammengefasst worden war, bewahrheitete sich in seiner ersten Hälfte auf’s Deutlichste: “the country divided – the world united”. Panama war ein geteiltes Land in physischer, gesellschaftlicher und ethnischer Hinsicht. Parallel zur Wasserstraße durchschnitt fremdes Hoheitsgebiet das eigene Land. In ihm hatten die USA eine Parallelwelt aufgebaut, in denen die vom Kanal lebenden US- Amerikaner die ihnen vertrauten Annehmlichkeiten vorfanden. Gleichzeitig waren weite Teile der Bevölkerung vom Wohlstand, den der Kanal vermeintlich bringen sollte, ausgeschlossen. Vor allem die schwarzen Kanalarbeiter, deren Arbeitskraft nicht mehr gefragt war, waren nicht nur der Armut, sondern auch einem offenen Rassismus ausgesetzt.
Ressentiments gegen die US-Präsenz und die fragwürdigen Umstände, unter denen ihre vertragliche Grundlage zustande gekommen war, hatte es seit Bekannt werden des Hay-Bunau-Varilla Vertrages gegeben.
Die USA unterhielten in der Kanalzone ihre eigenen Zollbehörden und Post, und legten die Tarife fest. Dieser Vertragsauslegung widersprach die panamaische Regierung und verhandelte den Vertrag nach.
Dennoch blieb die Situation für die panamaische Seite unbefriedigend. Panamas Wirtschaft war seit seiner “Entdeckung” im frühen 16.Jahrhundert einseitig auf den Handel konzentriert. Die politischen Gegensätze zwischen Konservativen und Liberalen, die das übrige postkoloniale Lateinamerika bestimmten, prägten sich in Panama nicht entsprechend aus.
Stattdessen bestimmte eine weitgehend homogene Oligarchie die Geschicke des Landes. Politische Parteien waren weniger ideologisch als personalistisch organisiert. Bei tatsächlicher oder drohender Behinderung des freien Waren- und Personenverkehrs am Isthmus konnten jederzeit die US-Truppen auf den Plan treten. Nach mehreren Interventionen ersetzten die USA das panamaische Militär schließlich durch eine Nationalpolizei, die für die Aufrechterhaltung derjenigen Ordnung und Sicherheit zuständig war, die für den reibungslosen Ablauf der Geschäfte notwendig war.
Die wachsenden Sympathien für nationalsozialistische und faschistische Ideologien unter den lateinamerikanischen Nationalisten bewogen die USA in den 30er Jahren des 20.Jahrhunderts zu einem politischen Kurswechsel. Mit seiner “Politik der guten Nachbarschaft” bekannte sich Präsident Franklin D. Roosevelt, der 1933 sein Amt angetreten hatte, zum Prinzip der Nicht-Einmischung, um sich der politischen Solidarität des lateinamerikanischen Kontinents gegen Nazideutschland und dessen Verbündete zu versichern.
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12. Antiamerikanismus und der entscheidende Vertrag
Dramatisch unterschiedliche Lebensverhältnisse zwischen Kanalzone und dem “Landesinneren” sorgten immer wieder für antiamerikanische Proteste und Unruhen, die 1964 schließlich gewaltsam ausbrachen.
Seit den Kriegsjahren des Zweiten Weltkrieges hatte eine nationalistische Bewegung um Arnulfo Arias, der
sogenannte Panameñismo, zunehmende Unterstützung in der hispanischen Bevölkerung Panamas gefunden. Diese Bewegung richtete sich nicht nur gegen die us-amerikanische Präsenz im Lande, sondern auch gegen andere, nicht hispanische Bevölkerungsgruppen wie Schwarze, Chinesen, Hindus und Juden. Arias wurde zwischen 1940 und 1984 mindestens dreimal zum Präsidenten gewählt, 1964 und 1984 vermutet man, dass manipulierte Stimmenauszählungen seine Wahl verhinderten.
Anlass der Unruhen vom Januar 1964 war das alleinige Hissen der US-Flagge vor einer us-amerikanischen High School in der Kanalzone.
Als Arnulfo Arias 1968 zum dritten Mal zum Präsdidenten gewählt wurde, war der Wahl ein gescheitertes Absetzungsverfahren gegen seinen Vorgänger Robles vorausgegangen. Dieser hatte sich mit Hilfe der Nationalgarde an der Macht gehalten. Als nun Arias seine dritte Amtszeit mit einer Neubesetzung der militärischen Führung beginnen wollte, putschte die Nationalgarde Arias aus dem Amt und übernahm die Macht.
Starker Mann des Staates wurde General Torrijos, der die Politik eines sich durch einen “pragmatischen Nationalismus” auszeichnete. Er führte moderate Reformen durch, die weder die Oligarchie des Landes noch die US-Interessen bedrohten. Torrijos war es schließlich auch, der mit US-Präsident Jimmy Carter 1977 den Vertrag über die schrittweise Rückgabe des Kanals an Panama zum Jahresende 1999 unterzeichnete.
Mit der beiderseitigen Ratifizierung der Torrijos – Carter Verträge wuchs der politische Widerstand gegen Torrijos’ Alleinherrschaft. Die Opposition ließ sich nicht mehr in einen antiamerikanischen Nationalismus kanalisieren. Torrijos’ populistische Allianz begann zu bröckeln. Beschleunigt wurde dieser Prozess durch die Wiederzulassung politischer Parteien, die seit der Machtübernahme des Militärs verboten waren. Nach einer Verfassungsänderung Ende 1978 gab Torrijos sein Regierungsamt auf, blieb aber bis zu seinem Tod 1981 als Oberbefehlshaber der Nationalgarde ein wichtiger Entscheidungsträger panamaischer Politik. Torrijos’ plötzlicher Tod bei einem Flugzeugabsturz hinterließ ein Machtvakuum in der politischen Landschaft Panamas.
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13. Noriega an der Macht
auf deren Gehaltslisten er über Jahrzehnte stand, und mit der Förderung durch General Torrijos. Schritt für Schritt erklomm Manuel Noriega die jeweiligen Stufen zur Macht. Als Chef des Geheimdienstes nutzte er sein Wissen über etwaige Konkurrenten konsequent aus. 1983 hatte er bereits die Nationalgarde unter seine Kontrolle gebracht und machte sich daran, das Land selbst zu beherrschen. Dazu vergrößerte er die Nationalgarde, die mit erweiterten Kompetenzen ausgestattet und zu den Fuerzas de Defensa de Panamá-FDP umgewandelt wurde.
Bei den Präsidentschaftswahlen 1984 trat Politik-Veteran Arnulfo Arias als Kandidat einer politisch breitgefächerten Wahlallianz noch einmal gegen Noriegas Kandidaten, Ardito Barletta, an. Die von heftigen Unruhen begleitete Stimmenauszählung ergab einen hauchdünnen Vorsprung für den Kandidaten des Militärs. Alle Beschwerden wegen Stimmenkauf, -Fälschung und der Streichung registrierter Wähler aus den Wahllisten wurden niedergeschlagen. Als der Arzt Hugo Spadafora, der als Kämpfer gegen das Somoza-Regime in Nicaragua populär geworden war, ankündigte, sein Wissen über Noriegas Drogengeschäfte zu veröffentlichen, ließ dieser ihn ermorden.Unter dem Eindruck der enormen öffentlichen Aufregung, die dieser Mord erregte, kündigte Noriegas Marionetten-Präsident Barletta eine Untersuchung des Vorfalls an, und besiegelte damit sein eigenes politisches Schicksal. Noriega setzte ihn prompt ab.
Als Noriegas Verbindungen zum kolumbianischen Medellín-Kartell dennoch bekannt wurden und er auch den Nachfolger Barlettas von der Macht entfernt hatte, wurde das Noriega-Regime zu einem internationalen Ärgernis. Die USA verhängten Wirtschaftssanktionen und Noriegas ehemaliger Amtskollege – Ex-CIA-Chef George Bush, ließ Noriega fallen. Nachdem das panamaische Militär ergebnislos aufgeforderte worden war, Noriega abzusetzen, und dieser sich dazu verstiegen hatte, den USA am 15. Dezember 1989 den Krieg zu erklären, war der Zeitpunkt für die Operation “Just Cause” (“gerechte Sache”) gekommen. Die Invasion der US-Streitkräfte sollte ‘das Leben von US-Bürgern in Panama schützen, die Sicherheit des Kanals garantieren, die Demokratie in Panama wiederherstellen und Noriega gefangen nehmen und vor Gericht bringen’. Noriega war vor den US- Truppen geflohen und hatte den vatikanischen Nuntius um Asyl gebeten. Nach tagelanger Belagerung des Gebäudes und dessen systematischer Beschallung mit plärrender Rockmusik ergab sich Noriega schließlich den US-Amerikanern. Ein Gericht in Miami verurteilte ihn später wegen Drogen- und Waffengeschäften, sowie Geldwäsche zu 40 Jahren Haft. Die Bilanz der “gerechten Sache” in Panama: mindestens 2.500 tote Zivilisten und 20.000 Obdachlose infolge der Bombardierungen.
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14. Panama nach der Invasion
Weite Teile der Bevölkerung standen seinen engen Verbindungen zu den USA skeptisch bis ablehnend gegenüber. Bei den nächsten Wahlen 1994 setzte sich Ernesto Pérez Balladares durch, der Kandidat eines Parteienbündnisses, dem auch die frühere Noriega-Partei angehörte. Überraschend gut war das Ergebnis der unterlegenen Mireya Moscoso. Das gute Abschneiden der politisch unerfahrenen Kandidatin war nach Meinung vieler Beobachter auf einen Solidarisierungseffekt breiter Bevölkerungsschichten mit ihrem verstorbenen Ehemann, Arnulfo Arias, zurückzuführen.
Balladares unternahm beispielhafte Investitionen in den Bildungs- und Erziehungssektor, und es gelang dem in den USA ausgebildeten Banker auch, ausländische Investitionen nach Panama zu holen. Dennoch galt er als korrupt und scheiterte im Frühjahr 1999 mit seinem Versuch, die Verfassung zu ändern, so dass sie ihm eine zweite Amtszeit zugestehen würde. Mireya Moscoso schaffte den Wahlsieg im zweiten Anlauf.
Aus den Präsidentschaftswahlen von 1999 ging sie als Siegerin über den Sohn des Ex-Diktators General Torrijos hervor. Moscoso sah sich selbst als diejenige, die der politischen Programmatik ihres verstorbenen Mannes zur Durchsetzung verhelfen werde. Die männlich und machistisch geprägte Öffentlichkeit Panamas verpasste ihr aber bald den Spitznamen der “Bändchen-durchschneide-Präsidentin”, da ihre öffentlichen Auftritte fast ausnahmslose im Zusammenhang von Einweihungen stattfanden. Ihre Popularität ließ rasch nach, vor allem, da ihre Politik wenig planvoll und nurmehr reagierend war.
Innerhalb des ersten Jahres der panamaischen Kontrolle des Kanals wurden den Primärwäldern, die die Wasserscheide des Kanals beschützen, schwerwiegende Schäden zugefügt. So wurden große Flächen für ein Luxusresort und einen Golfplatz ebenso abgeholzt wie 10.000 Hektar, die Holzgesellschaften als Gegenleistung für Wahlkampfspenden erhielten.
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