Rio de Janeiro

Rio de Janeiro, Brasiliens bedeutendster Touristenmagnet, blickt auf eine Geschichte voller Höhen und Tiefen zurück.

Heute gilt die 1565 als São Sebastião do Rio de Janeiro gegründete Stadt am Januarfluss, die ihren Namen einem Irrtum verdankt, als zweitgrößte Metropolregion des Landes.
Einen ersten Wachstumsschub erlebte Rio de Janeiro Ende des 16. Jahrhunderts als Exporthafen für Zuckerrohr, doch weitaus folgenreicher für die Stadtentwicklung waren die Ende des 17. Jahrhunderts gemachten Goldfunde in Minas Gerais. Um deren Besteuerung zu gewährleisten und Schmuggel zu verhindern, verfügte der portugiesische König, dass die gesamte Goldproduktion über den Hafen von Rio de Janeiro exportiert werden musste.
Die Bevölkerung wuchs dank Einwanderung aus Portugal und dem Zuzug vieler Menschen aus anderen Teilen Brasiliens stark an. Es entstand eine freie Arbeiterklasse (im Unterschied zur Sklavenhalter-struktur der Zuckerrohr-Haciendas).

Rios goldenes Zeitalter brach schließlich 1808 an, als der portugiesische König auf der Flucht vor den napoleonischen Truppen seinen Hof kurzerhand an den Zuckerhut verlegte.
Die Stadt wurde herausgeputzt, um den Ansprüchen der feudalen Gesellschaft zu genügen. Die rechtliche Gleichstellung mit dem Mutterland und der Wegfall von Handelsschranken führten zu einem Boom, von dem jedoch nur wenige profitierten.
Auch die späte Abschaffung der Sklaverei (1888) und die Gründung der Republik (1889 – 1930) änderten wenig an den Besitzverhältnissen in der Stadt.
Zwar sorgte der aufkommende Tourismus um die Mitte des 20.Jahrhunderts für einen Aufschwung, doch nach dem Verlust des Hauptstadtstatus an Brasilia (1960) traten die durch Landflucht und unhaltbare Wohnverhältnisse verstärkten sozialen Probleme immer deutlicher zu Tage.

Radikale städtebauliche Maßnahmen während der Militärdiktatur (1964–1985) verdrängten ärmere Bevölkerungsteile weiter aus den Vierteln der Zona Sul, auch wenn diese nun durch Straßen- und Tunnelbauten mit den ärmeren Vierteln der Zona Norte verbunden wurden.

Nach den von Korruption, Armut und Kriminalität geprägten 1980er und 90er Jahren begann man nach dem Weltumweltgipfel 1992 sich der drängenden Probleme der Favelas anzunehmen. Die dort herrschende Armut und Perspektivlosigkeit machte ihre Bewohner zum Spielball der Drogenmafia. Projekte der Befriedung problematischer Viertel durch eine Kombination von Polizeipräsenz und der Schaffung einer Infrastruktur wie Straßenbeleuchtung, Bürgersteige, Schulen, Kindergärten, öffentliche Plätze, Abfall- und Abwassersysteme, sollten die informellen Siedlungen aufwerten und zu gemischten, normalen Stadtvierteln werden lassen.
Trotz Berichten von massiven Rechtsverstößen der eingesetzten Polizeikräften und anhaltenden Vertreibungen informeller Siedler im Vorfeld der sportlichen Großveranstaltungen wie der Fußballweltmeisterschaft 2014 oder den Olympischen Spielen 2016, ist es gelungen, einige Favelas so weit zu befrieden, dass sie heute auch von Touristen besucht werden können.

Das Rio de Janeiro der Touristen besticht durch seine Strände, seinen Karneval und sein Nachtleben, vor allem aber durch seine traumhafte Lage zwischen steilen, oft bewaldeten Hügeln und kuppelförmigen Granitfelsen (Morros), von denen sich grandiose Blicke über das Häusergewirr, Meeresbuchten und weiße Strände bieten.
Für einen spektakulären Überblick zieht es die meisten Besucher auf den 710 m hohen Corcovado mit seiner Christusstatue Cristo Redentor, zu dem neben einer Serpentinenstraße auch eine Zahnradbahn führt. Zur Aussichtsplattform oberhalb der Endstation gelangt man statt über Treppenstufen seit 2003 auch über Panorama-Aufzüge und Rolltreppen.

Auf Rios zweiten emblematischen Hügel, den Zuckerhut (Pão de Açúcar), fährt man am besten am späten Nachmittag mit der Gondelbahn, weil die Lichtverhältnisse dann das sich bereits während der Fahrt bietende Panorama am besten zur Geltung bringen. Die Fahrt erfolgt in zwei Etappen, beginnend an der Talstation an der Praça General Tibúrcio nahe der kleinen, aber schönen und sicheren Badebucht der Praia Vermelha, die sich nördlich von Leme an die Copacabana anschließt. Von hier aus geht die Fahrt zur 226 m hoch gelegenen Mittelstation auf den Morro da Urca, wo ein Theater für mehr als tausend Personen, Restaurants, eine Diskothek sowie Andenkenläden stehen. Die zweite Etappe führt schließlich über 735 trägerlos überwundene Meter auf den Gipfel des Zuckerhut. Wer zu Schwindel neigt, wird die Fahrt bei schlechtem Wetter/ Wind nicht genießen können.

Zu den “befriedeten” Favelas gehört auch das oberhalb Botafogos gelegene Santa Marta mit seinem Mirador, zu dem man mit einer Drahtseilbahn (funicular) gelangen und einen ähnlich spektakulären Blick wie vom Corcovado genießen kann, ohne dessen Wartezeiten und saftige Eintrittspreise.

Einen weiteren schönen Aussichtspunkt über die gesamte Zona Sul und die Laguna Rodrigo de Freitas bietet die im Parque de Tijuca gelegene “Vista Chinesa” zu Füßen einer Bambuspagode, die zu Beginn des 20.Jahrhunderts als Hommage an die im 19.Jahrhundert nach Rio eingewanderten Chinesen errichtet wurde.

Unter Rios Stränden ist die berühmte Copacabana der bekannteste, wenn auch nicht unbedingt der schönste. Er ist in Abschnitte unterteilt, die sich an den Posten der Rettungsschwimmer orientieren. Der bekannteste, am Südende Richtung Ipanema gelegen, ist der “Posto Seis”. Hinter der 1970 vom Landschaftsarchitekten Burle Marx gestalteten Strandpromenade “Calçadão de Copacabana” deren berühmtes Schwarz-Weiß-Muster dem Encontro das Águas bei Manaus nachempfunden ist, reihen sich die internationalen Kettenhotels.
Eleganter, wenn auch ähnlich lebhaft (zumindest während der Sommermona­te) geht es am südlich an die Copacabana anschließenden Strand von Ipanema zu. In den dahinter liegenden Seitenstraßen gibt es zahlreiche Boutiquen und nette Cafés und Restaurants.
Der vielleicht angenehmste Strand im Stadtgebiet ist der von São Conrado, u.a. zu erreichen mit der Buslinie 177, die das Stadtzentrum via Flamengo und Botafogo mit den Stränden im Süden und Westen verbindet.
Sämtliche, in der Guanabara-Bucht und nicht am offenen Meer gelegene Strände sollte man meiden, da sie allesamt durch Abwasser verschmutzt und durch teils gefährliche Keime kontaminiert sind.

Abseits seiner Naturschönheiten hat Rio de Janeiro auch zahlreiche interessante historische Gebäude, Kirchen und Museen zu bieten.
Modernen Ursprungs ist die 1976 eingeweihte und architektonisch kontroverse Catedral Metropolitana de São Sebastião (Avenida República do Chile 245, Centro). Ihr riesiger Metallkonus von 106 m Höhe und 98 m Durchmesser des Architekten Edgar Fonceca soll einer mexikanischen Pyramide nachempfunden sein. Hinter dem mit Basreliefs aus Bronze verzierten Hauptportal verbirgt sich der riesige, unstrukturierte Innenraum mit Platz für 20 000 Personen und deckenhohen Glasfenstern an den Kardinalpunkten.
Zu den sehenswerten Gebäuden zählt auch das opulente, am Beginn des 20.Jahrhunderts nach dem Vorbild der Pariser Opéra Garnier erbaute Teatro Municipal (Praca Marechal Floriano – Centro). Um den trapezförmigen Platz, der ob der hier ansässigen Kinos auch Cinelandia genannt wird, reihen sich auch die 1810 im neoklassizistischen Stil erbaute Nationalbibliothek, die als größte Ihrer Art in Südamerika gilt, und der zum Kulturzentrum umgewidmete Justizpalast Centro Cultural Justiça Federal.
In der schmalen Geschäftsstrasse Rua Gonçalves Dias findet sich mit dem Jugendstil-Café der Confeitaria Colombo eines der inoffiziellen Wahrzeichen der Stadt, dessen Besuch bei vielen Touristen zum Pflichtprogramm gehört. Ein alternativer Abschluss eines Rundgangs in Centro kann eine Fischmahlzeit im Restaurante Ancoramar(ehem. Albamar) sein, das seit mehr als 80 Jahren in einem hölzernen Turm angestedelt ist, dem einzigen verbliebenen Gebäude des ehemaligen Mercado Municipal (neben dem Fährterminal).

Unter Rios zahlreichen Museen sind folgende hervorzuheben:

Das 2015 eingeweihte Museu do Amanhã des Stararchitekten Calatrava beschäftigt sich mit der Welt von morgen.

Das Museu de Arte Moderna besitzt eine der interessantesten Sammlungen des Kontinents.

Architektonisch interessanter ist der Oskar Niemeyer Bau des Museu de Arte Contemporânea de Niterói in Rios Schwesterstadt jenseits der Brücke.

Im Viertel Santa Teresa lohnt der Besuch des Museums Chácara do Céu, dessen Sammlung vor allem der klassischen Moderne gewidmet ist.

Einzigartig ist die Sammlung des Museu Internacional de Arte Naïf mit Werken aus mehreren Jahrhunderten und Ländern, die in einem schönen alten Gebäude nahe der Talstation der Corcovado-Bahn untergebracht ist.

In Botafogo empfiehlt sich der Besuch des Museo do Indio, das in einer alten, von einem Garten umgebenen Villa angesiedelt ist und sich mit den indigenen Völkern Brasilien beschäftigt.

Die den visuellen Künsten gewidmete Escola de Artes visuais residiert in einem sehr schönen Gebäude samt einem Arkaden umsäumten Innenhof mit Pool und nettem Café im Parque Lage, einer grünen Oase am Rand des (ebenfalls sehr sehenswerten) Botanischen Gartens.