Wissenswertes zu El Niño
1. Was ist El Niño?
Gegen Ende eines jeden Kalenderjahres steigen die Meeresoberflächentemperaturen an den Küsten Ecuadors und Nordperus. Die Einheimischen nennen diese jährliche Erwärmung “El Nino”(‘das Christkind’), weil sie typischerweise um die Weihnachtszeit auftritt. Da sich die Fischschwärme dann in kältere Wasser zurückziehen, markiert sie traditionell das Ende der Fischereisaison und den Beginn der Zeit, in der die Fischer ihre Netze reparieren und ihre Boote warten.
Alle zwei bis sieben Jahre tritt an der Westküste Südamerikas jedoch eine wesentlich stärkere Erwärmung auf, die einige Monate bis zu mehreren Jahren andauern kann.
Diese besonderen Wärmeperioden sind gemeint, wenn heute von “El Niño” bzw. einem “El Niño Jahr” gesprochen wird.
Erst seit den 1960er Jahren hat man erkannt, dass dieses Phänomen in einem größeren Zusammenhang steht und nicht auf die südamerikanische Westküste beschränkt ist. Vielmehr beschreibt es ein vom “Neutralzustand” abweichendes Klimageschehen im gesamten tropischen Pazifik.
Dabei ändern sich sowohl die zyklischen Meeresströmungen als auch die atmosphärischen Strömungen, weshalb man von dem ENSO-Phänomen als zusammengesetztem Begriff aus El Niño und Southern Oscillation spricht.
Der Neutralzustand (Normalsituation) ist durch folgernde Merkmale gekennzeichnet: Die Südostpassatwinde treiben kaltes Wasser (Humboldtstrom) aus gemäßigten Breiten an der Westküste Südamerikas nach Nord-Westen. Über diesem kalten Wasser bildet sich ein Hoch, da die kalte Meeresluft schwerer wird und absinkt, d.h. an der Westküste Südamerikas fallen nur wenige Niederschläge, da hier der höhere Luftdruck zu Wolkenauflösung führt.
Im Bereich der Ostküste Australiens und Indonesiens sammelt sich warmes Wasser, da hier eine kalte Meeresströmung fehlt. Über diesem warmen Wasser bildet sich durch aufsteigende Warmluft ein Tief mit ganzjährig hoher Wolkenbildung und entsprechenden Niederschlägen.
Diese beiden äquatornahen Luftdruckgebiete sind Bestandteile der Walker-Zirkulation (siehe Grafik).
Dabei bodennah wehende Winde treiben den Südäquatorialstrom nach Westen. Im Bereich Australiens ist daher der Meeresspiegel etwa 1 m höher als an der Westküste Südamerikas.
2. Merkmale der El – Niño – Situation:
Unter El–Niño–Bedingungen erschlaffen die Passatwinde. Dadurch wird der Humboldtstrom nicht mehr nach Norden getrieben. Die Ansammlung kalten Wassers bleibt aus und das Hoch der Walker-Zirkulation löst sich auf.
In Folge wehen keine Winde mehr nach Westen, so dass der Südäquatorialstrom auch nicht mehr nach Westen gelangt. Vielmehr strömt das bei Australien angestaute warme Wasser zurück nach Osten. An der südamerikanischen Westküste sammelt sich warmes Wasser an, und es bildet sich ein Tiefdruckgebiet mit entsprechender Wolkenbildung und Niederschlägen.
El–Niño–Ereignisse werden durch einen Anstieg der Meeresoberflächentemperatur um mehr als 0,5° C während mindestens fünf aufeinander folgender Dreimonatszeiträume angezeigt. Die Intensität von El-Niño-Ereignissen reicht von schwachen Temperaturanstiegen (etwa 2,2 bis 2,7° C) mit nur mäßigen lokalen Auswirkungen auf Wetter und Klima bis hin zu sehr starken Anstiegen (7-10° C), die mit weltweiten Klimaveränderungen einhergehen.
3. Prognosen für die El–Niño–Saison 2023/2024
Derzeit (Juli 2023) registriert die US-amerikanische NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) einen anhaltenden, schwachen El Niño über dem tropischen Pazifik. Es besteht eine 90-prozentige Chance, dass das Ereignis den Winter der nördlichen Hemisphäre überdauern wird, aber nur eine 20-prozentige Chance, dass es die Stärke der Ereignisse von 1997-98 und 2015-16 erreichen wird.
4. Auswirkungen von El Niño in Südamerika:
– Es kommt zu außergewöhnlichen Niederschlägen in den ansonsten trockenen / halbtrockenen Küstenregionen Perus und Ecuadors mit – abhängig von der Stärke dieser Ereignisse – potentiell katastrophischen Folgen wie Zerstörungen der Infrastruktur wie Straßen, Brücken, Trinkwasserleitungen und Abwasserkanälen, sei es durch direkte Einwirkung der Regenfälle oder durch Erdrutsche.
– In Süd- und Zentralchile sowie in Uruguay, Paraguay und Nordargentinien kommt es ebenfalls zu verstärkten Niederschlägen. Ausgenommen hiervon sind das argentinische und das chilenische Patagonien.
– Zu erheblichen Niederschlagsdefiziten bis hin zu ausgesprochenen Dürren kommt es im Andenraum wie z.B. auf dem Altiplano von Peru und Bolivien, dem brasilianischen Nordosten und dem nördlichsten Teil Südamerikas.
5. Auswirkungen von El Niño in Mexiko und Mittelamerika:
– In Mexiko kommt es mit Ausnahme der Yucatán-Halbinsel und des äußersten Nordens zu ausgeprägten Dürren, während die Yucatán-Halbinsel außergewöhnliche Niederschlagsmengen verzeichnet.
– Hohe Niederschläge verzeichnet die gesamte Karibikseite der mittelamerikanischen Staaten, während es auf der pazifischen Südseite zu Dürreepisoden kommt.
6. Auswirkungen von El Niño auf die atlantische Hurrikansaison:
– El Niño erzeugt stärkere Westwinde in den oberen Atmosphärenschichten des tropischen Atlantiks als in normalen Zeiten ohne El Niño. Dies erhöht die gesamte vertikale Windscherung und schneidet im Grunde die Spitzen der sich entwickelnden Stürme ab, bevor sich eine stabile Rotation bilden kann. Daher unterdrücken El-Niño-Ereignisse im Allgemeinen die Aktivität der atlantischen Hurrikans, so dass sich im Atlantik zwischen August und Oktober, dem Höhepunkt der atlantischen Hurrikansaison, weniger Hurrikans bilden als normalerweise. Gleichzeitig hat dies Auswirken auf die Braunalgensituation in der Karibik.
Quellen:
https://www.enso.info/index.html
https://toolkit.climate.gov/reports/climategovs-el-nino-page
https://www.cpc.ncep.noaa.gov/products/analysis_monitoring/enso_advisory/ensodisc.shtml