Bonampak

„Die bemalten Wände“, wie die Stadt von dem Archäologen Maudsley benannt wurde, erlangte zu Beginn der klassischen Periode (ca. 250 n. Chr.) regionale Bedeutung.

Die ökonomische Grundlage der Gesellschaft war die Subsistenzwirtschaft, ergänzt durch die Nutzung der Ressourcen des umgebenden Waldes.
Bonampaks Hauptgebäude sind wie die Yaxchiláns nicht auf Plattformen, sondern auf natürlichen Erhebungen errichtet. Akropolis und die große Plaza schließen die Stätte, die sich über gut vier Quadratkilometer ausdehnt,  nach Süden ab. Hier befindet sich auch das einzige mehrräumige Gebäude der Anlage, dessen Wandmalereien Bonampak berühmt gemacht haben.

Das älteste gefundene Monument der Stätte bezieht sich auf einen Herrscher „Fischgesicht“, der bis zum Ende des 5. Jahrhunderts regierte. Die nächsten namentlich erwähnten Regenten sind Jaguar Knoten-Auge (516 n. Chr.), Chaan Muan I (603 n. Chr.) und Ahau (683 n. Chr.). Der letzte namentlich bekannte Herrscher war Chaan Muan II, der 776 n.Chr. den Thron bestieg. Im Jahr 787 nahm dieser einen bedeutenden Feind gefangen, “Ah-5-calavera” genannt. Dieses Ereignis ist auf dem Fenstersturz 1 des Gebäudes der Wandgemälde dargestellt. In einem anderen Wandgemälde präsentiert Chaan Muan II seinen Sohn als Thronfolger (Raum 3). Weitere Darstellungen haben die Vorbereitungen zu einer Schlacht zum Gegenstand, zu denen Blutopfer der Herrscherfamilie gehörten. Dieses Ritual sollte versöhnende Wirkung haben. Auch das Geschehen der Schlacht selbst ist dargestellt (Raum 2), die Gefangennahme feindlicher Krieger, die schließlich im Rahmen einer prunkvollen Zeremonie, begleitet von Tänzen und weiteren Opferritualen, geopfert wurden. Man geht davon aus, dass es sich bei diesen Wandbildern um die epische Darstellung chronologischer Ereignisse handelt, die zwischen 790 und 792 n. Chr. stattfanden. Da Bonampak, wie viele andere große Mayazentren auch, im frühen 9. Jahrhundert aufgegeben wurde, markieren die in den Wandgemälden dargestellten Ereignisse zugleich das Ende der Herrscherlinie Bonampaks.

Danach lag die Stadt für zwölf Jahrhunderte verlassen und vergessen im Dschungel, bis sie 1946 von einem Amerikaner wiederentdeckt wurde. Die United Fruit Company hatte Giles Healy zwei Jahre zuvor nach Chiapas geschickt, um einen Naturfilm zu drehen. Angehörige des Volkes der Lacandonen, zu denen Healy ein gutes Verhältnis aufgebaut hatte, führten ihn nach Bonampak, dessen überwucherte Gebäude kein Archäologe kannte. Als er zwischen den Ruinen umherging, sah er zunächst nichts Außergewöhnliches, bis er schließlich seinen Kopf durch den schmalen Eingang eines Tempels steckte und beim unvermuteten Anblick der farbigen Wandmalereien im Schein seiner Taschenlampe in Ehrfurcht erstarrte…

Die Entdeckung dieser Wandgemälde löste eine Kontroverse unter den Mayaforschern aus. Die ebenso plastischen wie drastischen Darstellungen von Kriegshandlungen, Folterungen und blutigen Opferritualen  widerlegten das damals vorherrschende Bild von den Maya als einem friedliebenden Volk.